Information zu Silikonfuge im Nassbereich und Versicherungsschutz
22.11.2022
Im Rahmen des EXPERTENFORUMS BAU informiert dieser Überblick über die Thematik der Silikonfugen als sogenannte „Wartungsfugen“.
Zuerst erschienen in der Bauaktuell, Ausgabe Q3/2022.
Eine Silikonfuge ist kein Wasserrohr! – Achtung verschärfte (Gewährleistungs-) Haftung für den Unternehmer. Der Wohngebäude- Versicherer hat nach der aktuellen
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht für Nässeschäden aufgrund einer undichten Fuge zwischen einer Duschwanne und einer angrenzenden Wand einzustehen (BGH, Urteil vom 20. Oktober 2021 - IV ZR 236/20).
Vertragslage Wohngebäudeversicherung
In den Allgemeinen Wohngebäude-Versicherungsbedingungen (Teil A VGB 2008) heißt es: § 3 Leitungswasser
1. Bruchschäden innerhalb von Gebäuden Der Versicherer leistet Entschädigung fürvinnerhalb von Gebäuden eintretende … b) frostbedingte Bruchschäden an nachfolgend genannten Installationen: aa) Badeeinrichtungen, Waschbecken, Spülklosetts, Armaturen …
2. Bruchschäden außerhalb von Gebäuden …
3. Nässeschäden
Der Versicherer leistet Entschädigung für versicherte Sachen, die durch bestimmungswidrig austretendes Leitungswasser zerstört oder beschädigt werden oder abhandenkommen. Das Leitungswassermuss aus Rohren der Wasserversorgung (Zu- und Ableitungen) oder damit verbundenen Schläuchen, den mit diesem Rohrsystem verbundenen sonstigen Einrichtungen oder deren wasserführenden Teilen, aus Einrichtungen der Warmwasser- oder Dampfheizung, aus Klima-, Wärmepumpen oder Solarheizungsanlagen, aus Wasserlösch- und Berieselungsanlagen sowie aus Wasserbetten und Aquarien ausgetreten sein. …“
In dem vom BGH zu entscheidenden Fall kam es im versicherten Gebäude aufgrund einer Undichtigkeit einer Silikonfuge im Duschbereich einer Wohnung zu einem Wasserschaden.
Bisherige Regulierungspraxis
Bisher wurden Wasserschäden aus undichten Wannenrandfugen über die Gebäudeversicherung als Leitungswasserschaden reguliert.
BGH-Rechtsprechung
Der BGH hat diese Regulierungspraxis nunmehr kassiert. Nach Auffassung des BGH besteht keine Regulierungspflicht, da bei einer undichten Fuge am Duschtassenrand „Wasser nicht aus Rohren der Wasserversorgung ausgetreten ist“. Diese technisch und objektiv nachvollziehbare Argumentation hat für Sie als Unternehmer eine Neubewertung der erforderlichen Abdichtungsmaßnahmen zur Folge. Fragen nach Bauweise, Beanspruchungsklasse, Planungsdetails, Wartungspflicht und Hinweise, Revisionsfähigkeit sowie ein-schlägige Normen und Merkblätter gilt es genau zu beachten.
Baupraxis
In der Baupraxis sind Abdichtungen und Randausbildungen bei eingefliesten Wannen äußerst schadenbehaftet. Insbesondere bei modernen, flachen Duschtassen ist keine seitliche Zugänglichkeit mehr gegeben. Bis heute hat sich kein belastbares Abdichtungssystem durchgesetzt, sondern es wurde vielmehr darauf geachtet, durch Hinweise auf „Wartungsfugen“ (elastische Silikonfugen) die Gewährleistung für dieses Bauteil zu begrenzen. Eine entsprechende technische Lösung bietet das Wannenabdichtungsband, welches 2012 im ZDB-Merkblatt aufgenommen worden ist. Wie auch bei anderen Bauteilen bekannt, sind elastische Fugen („Nicht-Abdich-tungsfugen“) weder eine Abdichtung noch dauerhaft dicht. Es ist zwingend eine wasserführende Dichtebene unterhalb dieser Fugen zu planen und auszuführen. Alternativen sind durchgeflieste, wannenlose, bodengleiche Duschen. Aber auch diese müssen durch den Fachplaner im Detail geplant und deren fachgerechte Ausführung überwacht werden.
Rechtsfolge
Fakt ist, dass durch das BGH-Urteil Schä-den durch abgerissene Randverfugungen, die bislang über die Gebäudeversicherung reguliert wurden, nun der Vergangenheit angehören. Aus diesem Grund wird sich der Bauherr bei Wasserschäden infolge von fehlender wasserführender Dichte-bene unterhalb der Fugen verstärkt an den ausführenden Unternehmer und den Planer wenden, da die Gebäudeversiche-rung ihm die Deckung für diese Schäden infolge undichter Wandrandfugen versagt. Die (Gewährleistungs-) Haftung wird hier-durch verschärft.
Versicherungsschutz in der Betriebshaftpflichtversicherung
Versicherungsschutz im Rahmen der Betriebshaftpflichtversicherung besteht wiederum nicht für den Erfüllungstatbestand des Unternehmers! Jedoch besteht für den Sanitärunternehmer bzw. Fliesenleger Versicherungsschutz für Mangelfolgeschäden, sofern seine Versicherungsbedingungen diese Schäden decken.
Nach den gängigen Versicherungsbedingungen sind Mangel- oder Nacherfüllungsschäden grundsätzlich nicht gedeckt. Anders verhält es sich in der Berufshaftpflichtversicherung der Architekten und Ingenieure. In diesen Vermögensschadendeckungen werden auch Schäden durch Planungs- und Überwachungsfehler gedeckt. Da in der Baupraxis Duschanlagen selten durch Fachplaner, sondern meistens durch die Unternehmen selbst „geplant“ und ausgeführt werden, dürfte der Rückgriff des Bauherrn auf den Planer/Fachplaner wegen seiner Nichtexistenz regelmäßig ausscheiden. Damit richten sich die Ansprüche innerhalb der Gewährleistungszeit allein gegen Sie als ausführenden Fachunternehmer! Sofern die Gebäudeversicherer aufgrund der oben zitierten BGH-Rechtsprechung nunmehr vermehrt von ihrem Leistungsverweigerungsrecht Gebrauch machen werden, ist mit einer erhöhten Inanspruchnahme bei Nässeschäden infolge mangelhafter Randabdichtungen zu rechnen.
Praxis-Tipp:
Pantaenius empfiehlt daher dringend auf die Mitversicherung folgender Deckungsinhalte in der Betriebshaftpflichtversicherung zu achten:
• Mangelfolgeschäden
• Mangelbeseitigungsnebenkosten
• Nachbesserungsbegleitschäden
• Regressschadendeckung infolge Inan-spruchnahme des Gebäudeversicherers
Für den Generalunternehmer gilt zusätzlich: Die Mitversicherung der persönlichen gesetzlichen Haftpflicht des Subunternehmers in seiner eigenen Betriebshaftpflichtversicherung, sofern der Subunternehmer mit seiner Haftpflichtversicherung, beispielsweise mangels Prämienzahlung ausfällt.
PANTAENIUS Versicherungsmakler GmbH
Fachbereich Bau
Hamburg, Kiel, Düsseldorf, München
www.pantaenius.eu/bauwirtschaft
Autor
RA Marcel Brockmann
Niederlassungsleiter Kiel